Evakuierung der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt
Gedenken am 10. September am Pfalzklinikum
Verantwortliche des Pfalzklinikums kamen am 10. September im Brunnenpark des Pfalzklinikums am Standort Klingenmünster zusammen. Rita Becker-Scharwatz, Vorsitzende des Ausschusses für Gedenkarbeit und Geschichte am Pfalzklinikum, erinnerte an die 223 bekannten Schicksale, die 1939 im Zuge der Evakuierung der Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster ermordet wurden. Sie zitierte die chaotischen Zustände während der Evakuierung: „Die Garderoben waren vollständig durcheinander, die Betten herausgerissen, es fehlten die Kopfkissenbezüge, in die die Kranken ihre Habseligkeiten verpackt hatten, Wäsche- und Kleidungsstücke lagen herum […]. “ (S. 104 aus: Rotzoll, Lilienthal, Beyer, Dietz, Brünger (Hg.): Der regional vernetzte Krankenmord – Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster/Pfalz in Verbindung mit Baden, Bayern, Elsass und Lothringen, Berichte des Arbeitskreises zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation, Band 12, Psychiatrie-Verlag)
Im Anschluss gestalte Silke Kessler, Gemeindereferentin und katholische Klinikseelsorgerin, eine Andacht. Anhand des Werks „Der Schrei“ von Edvard Munch, ging sie auf die vielen stummen Schreie der Patient*innen von 1939 ein. „Der stille Schrei von damals will uns aufrütteln. Das wir nicht weg- sondern hinschauen, uns erinnern und begreifen, was damals geschah,“ fasst Silke Kessler zusammen. Am Ende blieb nur die Frage offen, wieso damals niemand diese Menschen geschützt hat. Mit der Mahnung so etwas nicht noch einmal geschehen zulassen, schwiegen die Anwesenden zwei Minuten und 23 Sekunden – für die 223 Todesopfer der Evakuierung.
Zum Hintergrund
Kurz nach Kriegsbeginn 1939 wurde die Heil- und Pflegeanstalt als „kriegswichtig“ eingestuft und die Räumlichkeiten für die militärische Nutzung freigegeben. Alle 1251 Patientinnen und Patienten sowie das ärztliche und das Pflegepersonal mussten noch am Tag des Räumungsbefehls am 10. September die Heil- und Pflegeanstalt verlassen. In Viehwaggons wurden die Betroffenen abtransportiert und nach Bayern gebracht, wo sie auf 13 Anstalten verteilt wurden. 223 Patientinnen und Patienten wurden im Zuge dieser Evakuierung ermordet.
Infos zur Gedenkarbeit finden Sie hier.
Kontakt
Rita Becker-Scharwatz
Vorsitzende des Ausschusses für Gedenkarbeit und Geschichte
Tel. 06349 900-2605