Warum musste Günther E. als kleiner Junge sterben?
Eine Gastausstellung im Pfalzklinikum gibt Antwort
Klingenmünster. Günther E. musste als kleiner Junge sterben, weil er behindert war; am Leben gehindert von Ärzten, die seinen Tod zu verantworten haben. Seine kurze Biografie erschüttert. Zu finden ist sie in der Ausstellung "Im Gedenken der Kinder. Die Kinderärzte und die Verbrechen an Kindern in der NS-Zeit". Diese Gast-Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) wurde am 27. Januar im Dokumentationszentrum des Pfalzklinikums eröffnet.
Zuvor gedachten zahlreiche Mitarbeiter, Patienten und Klienten, Angehörige und Nachbarn an der Gedenkstätte auf dem Friedhof des Pfalzklinikums der Opfer der NS-Psychiatrie. An der Kranzniederlegung nahmen auch teil: Franz-Josef Wagner, Vorsitzender des Landesverbands der Psychiatrieerfahrenen, Landrätin Theresia Riedmaier sowie die Bürgermeister der Nachbargemeinden Klingenmünster und Göcklingen, Erwin Grimm und Fritz Garrecht. Manfred Petry, stellvertretender Bezirkstagsvorsitzender und Vorsitzender des Beirats für Gedenkarbeit beim Bezirksverband Pfalz, sagte in seiner Ansprache: „Aus der Erinnerung an das Leid und aus dem Gedenken an die Opfer erwächst der Auftrag, sich für Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und ein würdiges Leben für alle einzusetzen... Wir sind aufgefordert zu aktivem Handeln. Dazu gehört auch eine weitere sorgfältige Aufarbeitung und Dokumentation der NS-Verbrechen in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster – nur das objektive und offene Befassen mit dem Unrechtsgeschehen und die Schaffung von Transparenz machen den Weg frei, sich der historischen Verantwortung zu stellen.“
Am Gedenkstein in der Klinikallee hielten die Menschen inne und hörten ein Gedicht der jüdischen Dichterin Nelly Sachs, vorgetragen von Pfarrer Joachim Geiling. Gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen im Team der Klinikseelsorge, Pastoralreferent Michael Reis, führte er anschließend durch den Gedenkgottesdienst in der Kirche des Pfalzklinikums. Jugendliche Patienten lasen einfühlsam aus historischen Briefen, zum Beispiel von Müttern an Verantwortliche im System der NS-Psychiatrie. Musikalisch wurden sie von der ST-Band aus dem Pfalzinstitut und von der Organistin Ortrud Barthels begleitet.
Zur anschließenden Ausstellungseröffnung begrüßte Pfalzklinikum-Geschäftsführer Paul Bomke viele Gäste. Er wünschte „der Ausstellung und ihren Botschaften Raum in unserem Denken und Handeln, als Verantwortliche im Gesundheits- und Sozialwesen“. Manfred Petry appellierte an die Teilnehmer: „Es gilt, die Geschichte des Nationalsozialismus wach zu halten, seiner Opfer zu gedenken und in der Gegenwart gemeinsam Wege zu suchen, wie wir in unserem Alltag erste Anzeichen von Abwertung, Ausgrenzung und Entwürdigung entgegen treten können.“ Eine Grußbotschaft des Ausstellungskurators, Privatdozent Dr. Thomas Beddies von der Berliner Charite, im Namen der DGKJ, verlas Dr. Michael Brünger, Chefarzt des Pfalzinstituts und Geschäftsführendes Mitglied des Ausschusses für Gedenkarbeit des Pfalzklinikums.
Die Ausstellung sei „ein wesentlicher Beitrag zu unserem immerwährenden Auftrag: Erinnern erzeugen und ermöglichen“, schrieb Landrätin Riedmaier ins Gästebuch. Sie empfiehlt insbesondere Lehrerinnen und Lehrern einen Besuch der Ausstellung, um dann zu entscheiden, wie dieses wichtige Bildungsangebot Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden kann. Das Pfalzklinikum bietet Führungen für Gruppen ab Jahrgangsstufe 9 und weitere Interessierte an.
Die Ausstellung in Klingenmünster ist vom 29. Januar bis 25. April jeweils mittwochs von 15.00 bis 16.30 Uhr und an jedem 2. Sonntag der Monate Februar, März und April (9.2., 9.3., 13.4.) von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Bei Interesse an einer Führung können Termine erfragt oder vereinbart werden.